Die Börsenwerte der amerikanischen Entertainment-Giganten verloren dramatisch. Die hohen Markteinführungskosten und Investitionen in Content für Streaming-Angebote verschlangen Milliarden. Disney zieht mit einem Einstellungs- und Ausgabenstopp die Reißleine. Kino ist der alte und neue Heilsbringer, mit neuen Konzepten. Ein wichtiges Signal für Deutschland, wo der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter Druck steht. Die Midterms, die Zwischenwahlen in den USA, zeigen jedoch auch die Folgen einer neutralen Berichterstattung auf die Meinungsbildung in einer Demokratie auf. Was bei uns morgen kommt, kann man in den USA heute schon beobachten.
Voller Stolz über die Absenz staatsdiktierter Nachrichten folgt das amerikanische Volk zwei Informationsalternativen im Fernsehen. Während Fox News das republikanische Lager bedient und dabei auch die von Bots verbreiteten Verschwörungstheorien ins Narrativ aufnimmt, folgt CNN einem neutraleren Ansatz. Letzterer findet sich fast 1:1 in deutscher Berichterstattung wieder. Die Spaltung könnte jetzt vor allem durch die gescheiterten Protegés von Donald Trump einen Heilungsimpuls erfahren. In Deutschland erfreuen wir uns ausgewogener Berichterstattung, trotz aller Skandale und Verbesserungspotenziale im dualen Rundfunksystem.
Dual ist auch das Unterhaltungsangebot. Während Fernsehen zunehmend Schwierigkeiten hat, Programmangebot nach einem festen Zeitschema anzudienen, boomt Streaming als bevorzugte Konsumform, immer mehr auch beim Öffentlich-Rechtlichen. Inhalte für aktive Selektion müssen jedoch anders aufbereitet sein als programmierter, auf Wettbewerb getrimmter Unterhaltungsstrom. Kino und Streaming unterscheiden sich dort weniger als Fernsehen und Mediatheken. Eine Herausforderung nicht nur an Programmanbieter, sondern auch an Kreative und Produzent*innen. Lösungskonzepte liefern die Amerikaner auch gleich mit.
Mit einem massiven Werbeaufgebot und einer penetrierten Programmierung in den Multiplex-Kinos pushen die Majors Filme in die Masse. Das Ziel ist, über ein Level an Wahrnehmbarkeit in der Gesellschaft anzukommen, um zum Gesprächsstoff der Menschen zu werden. Wenn erst über einen Film in der Schule und Arbeit oder mit Freunden gesprochen wird, möchte man dazugehören. Marketing, also die Bedarfsweckung von überflüssigem Konsum, funktioniert durch Gruppenzwang. Gamifications-Mechaniken sind deutlich in der Werbestrategie erkennbar. Die anfänglich großzügigen Appetizer werden systematisch rarer. Wer jetzt noch mitreden möchte, muss ins Kino. Ist die eine Sau durchs Dorf getrieben, kommt die nächste. Wettbewerb wird an den Startwochenenden tunlichst vermieden. Und das geht dann besonders gut, wenn es weniger Filme gibt. Ein deutliches Signal an die Förder-Reform.
Von letzterer prallen die bisherigen Erkenntnisse ab. Wieder ist keine echte Entwicklung, sondern lediglich ein Kaschieren substanzieller Probleme das Konzept. Wir brauchen weniger Filme mit mehr Budget und echten Perspektiven für Produzentinnen und Produzenten, vom Erfolg auch zu partizipieren. Der dafür längst überfällige Tax Incentive, also eine echte, einfache, planbare und zuverlässige Inbound-Förderung nach englischem Vorbild, scheint in weiter Ferne. Gerade bei der drohenden Abwanderung alter energieintensiver Industrien wäre die Stärkung der Kreativwirtschaft eine einfache Lösung. In UK führte die Förderung zum ultimativen Aufstieg der Entertainmentbranche in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt. Die natürlichen Ressourcen für Crew & Space neigen sich auf der Insel dem Ende entgegen. Deutschland wäre der favorisierte Überlauf in Europa. Umso wichtiger sind Studio-Initiativen, wie in Penzing und dem Schwarzwald.
Dein Ensider:Team
(Autor/Bild: Markus Vogelbacher)